Zinn in unserer Welt
Umwelt- und Sicherheitsaspekte spielen heute eine wichtige Rolle. Als Sammler wollen Sie natürlich wissen, was Sie da eigentlich in Händen halten.
Früher legierten manche Hersteller das teuere Zinn mit billigem Blei, teils um das Formfüllverhalten zu verbessern, vor allem aber um Materialkosten zu sparen. Doch schon seit der Antike wusste man um die Bedenklichkeit von Blei für Verarbeiter, Kunden und Umwelt.
Bereits zu Beginn der Zinnfiguren-Produktion vor mehreren Jahrzehnten wurden bei Kühn die Fertigungsmethoden so verbessert, dass ausschließlich Zinn 93% verwendet werden konnte. 7% Kupfer und Antimon werden zum Härten des weichen Zinns zulegiert. Nur so wird es gebrauchstüchtig. Dieser Werkstoff entspricht der DIN EN 611-1, ist ein hochwertiges und unbedenkliches Metall und sogar für Lebensmittelgefäße zugelassen.
Modische Massenprodukte, die nach kurzer Zeit auf dem Abfall landen, weil sie keiner mehr sehen will, belasten die Umwelt in hohem Maße. Die Langlebigkeit der Zinnfigur ist dagegen geradezu vorbildlich. Zinn dunkelt an unbemalten Stellen im Laufe der Zeit etwas nach, sonst tritt unter normalen Bedingungen keine Veränderung ein. Auf die Idee, eine hochwertige Zinnfigur wegzuwerfen, wird wohl kaum jemand kommen. Doch selbst in diesem Fall gelangt Zinn als metallischer Wertstoff wieder in den Materialkreislauf zurück.
Auch in der Produktion sind bei Kühn Arbeits- und Umweltschutz nach den neuesten Erkenntnissen verwirklicht. Das Reinigen der Abluft in der Poliererei mit einem modernen Luftwäscher gehört ebenso zum Betriebsstandard wie die Wiederverwertung von Produktionsrückständen und die umweltgerechte Abwasserentsorgung. Solche Umweltmaßnahmen zählen heute zum Standard.
Aber Qualität und Sicherheit sind nicht zum Nulltarif zu haben. Bitte denken Sie daran, falls Ihnen einmal „Zinnfiguren“ über den Weg laufen, die in Wahrheit keine sind und vielleicht aus dubiosen Quellen stammen.
Weitere Informationen zur Bleiproblematik
Das Schwermetall Blei belastet Mensch und Natur. Viele Bleiverbindungen gelten als giftig (fruchtschädigend) und müssen entsprechend gekennzeichnet sein. Blei ist laut Richtlinie 67/548/EWG als gefährlich eingestuft.
Richtlinie 91/155/EWG, aktualisiert in 2001/58/EG, schreibt in Artikel 1 Abs. 1 a vor: "Die für das Inverkehrbringen eines chemischen Stoffes oder einer Zubereitung verantwortliche Person, sei es der Hersteller, Einführer oder Händler, hat dem Abnehmer, das heißt dem berufsmäßigen Verwender, die in Artikel 3 und dem Anhang zu dieser Richtlinie genannten Informationen auf einem Sicherheitsdatenblatt zu liefern, wenn der Stoff oder die Zubereitung im Sinne der Richtlinie 67/548/EWG bzw. der Richtlinie 1999/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates als gefährlich eingestuft ist."
Blei wurde daher bereits aus vielen Produkten verbannt, beispielsweise:
- bleifreies Benzin an Tankstellen
- keine Verwendung von bleihaltigen Trinkwasserrohren
- Batterien und Akkus: Kennzeichnungs- und Hinweispflichten ab 0,004 Masseprozent Blei (§§17,18 BattG)
- seit 01.07.2006 ist EU-weit in Elektrogeräten bleihaltiges Lötzinn verboten (RoHS-Richtlinie)
- Farben und Lacke mit einem Gesamtbleianteil von mehr als 0,15% müssen mit dem Warnhinweis „Enthält Blei. Nicht für den Anstrich von Gegenständen verwenden, die von Kindern gekaut oder gelutscht werden können.“ versehen sein (Richtlinie 1999/45/EG - fortgesetzt in der Europäischen Chemikalienverordnung REACH)
Weitere Verbote, Beschränkungen und Kennzeichnungspflichten ergeben sich aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW/AbfG). Blei soll nicht in Oberflächenwasser oder die Kanalisation gelangen.
Auch Zinnfiguren können in Kinderhände oder über den Hausmüll in die Umwelt gelangen. Firmen, die Blei zulegieren, erzielen auf Kosten von Mitarbeitern, Kunden, Wettbewerb und Umwelt wesentliche Kostenvorteile. Denn Blei ist einfacher zu verarbeiten, stabiler und vor allem erheblich (derzeit ca. 90%!) billiger als Zinn. Warnhinweise oder korrekte Angaben über die Bestandteile unterbleiben aus Profitstreben dabei i. d. R. völlig. Aus gleichem Grund werden Mitarbeiter und Heimarbeiter nicht über die Gefahren informiert.
Dabei gibt die TRGS505 (Technische Regeln für Gefahrstoffe), herausgegeben vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) in Verbindung mit der Gefahrstoff-Verordnung (GefStoffV), klare Verhaltensregeln für den Umgang mit Blei (Unterweisung der Mitarbeiter, Schutz- & Reinigungsmaßnahmen, Vorsorgeuntersuchungen, Nahrungsaufnahme etc.) vor. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Punkt 3 Abs. 5:
"Bei Tätigkeiten mit bleihaltigen Gefahrenstoffen ist zu beachten, dass nur ein Teil der Bleibelastung des Beschäftigten durch Einatmen von Bleistäuben und Bleirauchen (Inhalation) verursacht wird. Ein erheblicher Teil wird durch den Verdauungstrakt aufgenommen (orale Aufnahme z. B. durch Hand-Mund-Kontakt). Die Ermittlung der Blutbleibelastung ist daher auch bei geringen Bleikonzentrationen in der Luft am Arbeitsplatz von entscheidender Bedeutung."
Ferner in Punkt 2 Abs. 3: "Bleihaltige Gefahrenstoffe dürfen nicht zur Verwendung in Heimarbeit überlassen werden."
Die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz untersagt die Beschäftigung gebährfähiger Arbeitnehmerinnen für den Umgang mit Gefahrstoffen, die Blei enthalten (§ 5 Satz 1 Abs. 5 MuSchArbV). Die vorsätzliche oder fahrlässige Gefährdung kann als Straftat und Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 6 MuSchArbV).
Letztlich besagt die RAL-RG 683 vom Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. in Punkt 3.2.1.1, dass zinnhaltige Legierungen mit Zinn als Hauptbestandteil von weniger als 90,0 Gewichtsprozent nicht bezeichnet werden dürfen:
- als "Zinnartikel, -erzeugnis, -gerät, -gegenstand, -teil, -produkt, -ware" o. ä.
- als oder aus "Zinn"
- in Wortverbindungen mit "Zinn" und dem Erzeugnis-, Eigen-, Firmen-, Fantasie-, geographischen Namen o. ä.
- als "Feinzinn, Feinstzinn, Reinzinn, Reinstzinn" o. ä.
Zinnhaltige Legierungen mit Zinn als Hauptbestandteil unter 90% dürfen lediglich als oder aus "Zinnlegierung" bezeichnet werden. Selbst bei 99,95% Zinn- und max. 0,02% Bleianteil ist die Bezeichnung "Reinzinn" nicht zulässig (Punkt 3.2.3).
Liegt der Bestandteil an Blei über 10%, so stellt der Verkauf derartiger Erzeugnisse als "Zinnfigur" eine bewusste Verbraucher-, Kunden- und Mitarbeitertäuschung dar, sowie einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß.
Hinweis
Die hier beschriebenen Rechtsnormen und Regelungen spiegeln unseren Wissensstand - nach sorgfältigen Recherchen - bei Erstellung dieses Artikels wider. In der Zwischenzeit können sich Änderungen ergeben haben. Für neue Erkenntnisse und weitergehende Informationen sind wir stets dankbar und arbeiten diese gerne mit ein. Die abschließende juristische Beurteilung eines Sachverhalts bleibt fachkundigen Anwälten vorhalten. Wir wurden bei bisherigen Verfahren diesbezüglich sehr kompetent beraten von Herrn RA Dieter Kohlfürst von der Kanzlei Zangenfeind, Kohlfürst & Färber.